Haus voller Wolken by Jan Stressenreuter

Haus voller Wolken by Jan Stressenreuter

Autor:Jan Stressenreuter [Stressenreuter, Jan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Homosexualität, Schwul, Alzheimer, Beziehung, Köln
veröffentlicht: 2015-04-22T16:00:00+00:00


Beginn Video / Sophie

Romans Stimme aus dem Off: „Und los geht’s!“

Sophie: „Schau mal, Karsten, ich hab mich extra fein gemacht für dich. Die Bluse habe ich bestimmt seit Ewigkeiten nicht mehr angehabt. Ist zwar nicht wirklich mein Stil – Ellen hat mir die Bluse geschenkt –, aber es ist ja auch mein erster Auftritt vor einer Kamera. (sie lächelt unsicher) Ich bin Sophie, eure Nachbarin von gegenüber. Wir kennen uns seit drei Jahren, seitdem du mit Roman hier wohnst. Manchmal nennst du mich auch einfach ‚die alte Frau‘ – womit du durchaus recht hast. Ich bin ja auch eine Generation älter als du. Im Grunde könntest du mein Sohn sein … (zu Roman) Ist das gut so?“

Romans Stimme aus dem Off: „Du machst das prima, Sophie. Wie ein Profi.“

Sophie: „Ah ja? Ich wollte dir von einem Weihnachtsfest erzählen, Karsten. Vielleicht erinnerst du dich nicht, aber Weihnachten ist für mich seit langer Zeit ein eher trauriges Fest, weil Eddy bei dem Tsunami am 26. Dezember 2004 ums Leben gekommen ist. Eddy war mein Sohn, weißt du? Normalerweise holt mich Ellen über Weihnachten immer zu sich, und ich verbringe die Feiertage dann mit ihr und ihrem zweiten Mann und dessen Kindern. Aber vor zwei Jahren hat das nicht geklappt, weil Michael, also Ellens Mann, mit einer schweren Gürtelrose im Krankenhaus lag. Ich hatte mich also auf ein sehr ruhiges Weihnachtsfest eingestellt und mir sogar schon einen kleinen Tannenbaum gekauft … (zu Roman) … ich darf doch rauchen, oder?“

Romans Stimme: „Von mir aus.“

Sophie (zündet sich eine Zigarette an und hustet): „Viel besser. Ein Laster kann man in meinem Alter ruhig haben. Ellen liegt mir ständig in den Ohren, endlich mit dem Rauchen aufzuhören, dabei raucht sie selber! Aber ich halte ihr dann Eddys Schicksal vor Augen. Der hat in seinem ganzen Leben keine einzige Zigarette angefasst – und was hat es ihm genützt? Der Junge hätte überhaupt mehr Dummheiten anstellen sollen. Er war viel zu angepasst, viel zu zielstrebig, selbst als Kind hat er niemals über die Stränge geschlagen …“

Romans Stimme: „Ähm … Sophie?“

Sophie: „… Einser-Abitur, Einser-Studium, und dann sofort diesen Job in der Bank mit einer Fünfzig- bis Sechzig-Stunden-Woche. Weißt du, ich habe ihm das damals ausreden wollen, habe ihm gesagt, er soll doch erst mal was von der Welt sehen, von mir aus ein Jahr aussteigen und mit dem Rucksack durch Lateinamerika oder die USA trampen, tibetanische Mönche besuchen, irgendetwas, was nicht so verdammt zielstrebig ist. Ich hätte ihm sogar das Geld dafür gegeben …“

Romans Stimme (lauter): „Sophie!“

Sophie: „… aber was hat er gemacht? Zwei Wochen Pauschalurlaub auf Mallorca in einem Vier-Sterne-Hotel! Ich verstehe das nicht. Von mir hat er das sicher nicht gehabt. Aber das war wohl seine Art von Rebellion, um mir zu zeigen, wie wenig er von meinem Lebensstil hält. Ich nehme an, dass er deshalb auch Ellen geheiratet hat …“

Romans Stimme (noch lauter): „Sophie, was ist los mit dir? Du redest wie ein Wasserfall! Ist doch sonst nicht deine Art!“

Sophie: „Was? (raucht) Tut mir leid, ich glaube, ich bin aufgeregt.



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